Fragt man Wikipedia ist WWOOF ein geldloser Austausch, bei dem freiwillige Helfer in den Alltag auf einem Bio-Bauernhof eingebunden werden – darüber hinaus ist es noch sehr viel mehr. Hinter den Buchstaben WWOOF verbirgt sich „World-Wide Opportunities on organic farms“, was wiederum von der Idee zusammengehalten wird, Menschen mit dem gemeinsamen Wunsch nach einem naturverbunden Lebensstil zusammenzuführen.
WWOOF – die globale Ökokommune
„WWOOF is the opportunity for people to connect with the land, with oneself and with each other and supporting the organic movement whilst learning through trust and exchange.”
Sue Coppard, Gründerin von WWOOF.
WWOOF – eine Erfolgsgeschichte
Im Herbst 1971 steht der Sekretärin Sue Coppard die triste Büroarbeit bis zum Hals. Hier im grauen London entsteht der Wunsch, dem Stadtleben für einen Moment zu entfliehen und sich die Hände mit Farmarbeit dreckig zu machen. An Gleichgesinnten mangelt es nicht und im Handumdrehen wird ein erstes Farmwochenende für vier gestresste Städter auf einem Biohof organisiert. Im Tausch für Unterkunft und Essen helfen die Hofgäste bei anfallenden Arbeiten auf der Farm und werden für zwei Tage ein Teil der Gemeinde. Über den reinen Tausch hinaus wird bereits an diesem ersten Wochenende deutlich, welchen Nutzen die neue Gemeinschaftsform für alle Beteiligten haben kann. Die Nachfrage an willigen Farmarbeitern sowie gastgebenden Biohöfen ist überwältigend und unter dem Titel „Working Weekends on organic farms“ startet eine neue Bewegung ihren Feldzug. Die Anfragen gehen schon kurze Zeit später über einen reinen Wochenendeinsatz hinaus und WWOOF UK entwickelt sich schnell zu einer stark verzweigten Gemeinschaft. Aus „Working Weekends on organic farms“ wird schon bald „Willing Workers on organic farms“. Mittlerweile kann der gemeinnützige Verbund auf ein Netzwerk aus 7000 ökologischen Biobauernhöfen und schätzungsweise 90.000 Mitglieder weltweit blicken. Aufgrund rechtlicher Probleme mit dem Begriff „Workers“ und dem stetig wachsenden internationalen Charakter des Netzwerkes haben sich die Mitglieder im Jahr 2000 auf den heutigen Namen „World-Wide Opportunities on organic farms” geeinigt.
WWOOFing World-Wide
Wer Samen einer nachhaltigen, internationalen Ökogemeinde unter einem gemeinsamen Dach fällt weltweit auf fruchtbaren Boden. Aus dem grauen Büro in London wandert die Idee in vier Jahrzehnten um den ganzen Globus: Brasilien, Grönland, Marokko, Hawaii, Irland, Jamaika, Kasachstan, Madagaskar oder Togo – ´lokal denken, global handeln` heißt es heute in rund 100 Ländern weltweit. In Deutschland sind gut 400 Höfe ein Teil der kosmopolitischen Ökokommune. Die nationalen WWOOF-Organisationen stehen unter eigener Verantwortung und Verwaltung und sind dennoch in einem internationalen Dachverband, der FoWO (Federation of WWOOF Organisations) verbunden. Die gemeinsamen Ziele, die 2011 auf der internationalen WWOOF-Konferenz in Korea 2011 geprägt wurden, werden weltweit von allen WWOOF-Organisationen getragen:
- Einen fairen Austausch zwischen Stadt- und Landbevölkerung bzw. Konsumenten und Produzenten ermöglichen
- Freiwilligen Helfern Erfahrungen und Wissen über ökologische Landwirtschaft aus erster Hand vermitteln
- Einen naturverbundenen, umweltschonenden Lebensstil vorleben
- Ein lebendiges Netzwerk innerhalb der ökologischen Bewegung darstellen
Die größten WWOOF-Gemeinden findest du in Australien, Amerika, Neuseeland, Kanada und Frankreich. Der gemeinsame Gedanke einer organischen Lebensweise verbindet den Lachsfischer in Finnland mit dem Zuckerrohrbauer in der Karibik und öffnet weltweit für alle das Tor zu einem naturverbundenen Lebensstil, der das Leben der Menschen grundlegend verändert.
WWOOF – das Solidaritätsprinzip
WWOOF ist eine globale Kommune, zu der jeder ohne Rücksicht auf Herkunft, Kultur, ethnische Zugehörigkeit oder Geschlecht dazugehören kann. Menschen aller Nationalitäten tauschen sich aus, backen gemeinsam Brot, diskutieren globale Probleme, pflücken Blaubeeren, besprechen politische Konzepte und gehen gemeinsam in die Kirche oder in den Tempel. Wildfremde Menschen teilen für einen Moment ihr Leben miteinander, vertrauen sich ihre Kinder an und öffnen Haus und Herz füreinander. Geld spielt hierbei keine Rolle, WWOOF basiert auf einem Vertrauensprinzip.
„WWOOF ist eine weltweite Bewegung, […] wobei auf einer Grundlage von Vertrauen und geldlosem Austausch eine nachhaltige, globale Gemeinschaft aufgebaut wird.“ (Internationale WWOOF Konferenz in Korea, 2011)
Anders als bei ähnlich aufgebauten Netzwerken, wie zum Beispiel Couchsurfing kommt WWOOF ohne Bewertungssystem, Aufnahmeverfahren oder Registrierungen mit privaten Daten daher. Als Mitglied der WWOOFing Gemeinde genießt du automatisch einen Vertrauensbonus und respektierst die Philosophie und die Ziele der Gemeinschaft. Wer nur eine Möglichkeit sucht, so günstig wie möglich zu reisen, sollte sich nach Alternativen umsehen. WWOOFing ist mehr als nur Kost und Logis für ein bisschen Unkraut zupfen, es ist eine Lebenseinstellung.
Leben und Arbeiten als WWOOFer
Die Arbeiten sind so unterschiedlich wie die einzelnen Farmen und Familien. Für vier bis sechs Stunden Arbeit am Tag bekommst du Unterkunft und Essen gestellt und einen hautnahen Einblick in das Leben und Arbeiten auf ökologischen Höfen. Vom Erntehelfer über Unkraut jäten, Kühe melken bis hin zum Zäune knüpfen oder die frisch geerntete Ware auf dem Wochenmarkt verkaufen – nach Absprache ist alles möglich.
Zwei Tage sind vielerorts das Minimum, aber die meisten Gastgeber freuen sich über WWOOFer, die mindestens eine Woche bleiben, da sich dann auch die Phase der Einarbeitung rentiert. Manchmal werden aus fünf geplanten Tagen auch fünf Wochen und darüber hinaus lebenslange Freundschaften. Und kein Kirschkuchen schmeckt besser, als der, dessen Zutaten du selbst vom Baum geholt hast.
WWOOFer sind mehr als reine Arbeitskräfte. Wer spezielle Talente und Fähigkeiten mitbringt, kann sich überall nützlich machen. Ein Tischler schreinert den neuen Hühnerstall, ein Künstler gibt dem Heuboden den perfekten Anstrich und ein Lehrer bringt den Kindern eine neue Sprache bei. Manchmal genießt der Gastgeber auch nur die gepflegte Konversation und holt einen für eine Teepause und ein Gespräch über Angela Merkel schon mal vom Maisfeld.
In der Regel wirst du stark ins Familienleben und die Freizeitgestaltung mit eingebunden und für die Zeit deines Aufenthaltes bist du ein Teil der Hofgemeinschaft mit allen Pflichten und Verantwortungen. Vom Bild des romantischen Bio-Bauernhofs à la Bullerbü sollte man sich allerdings verabschieden. Zum gemeinsamen kochen gehört auch abwaschen und ein Leben im Einklang mit der Natur geht über Bio-Bananen hinaus. Auf solarbetriebenen Farmen wird nach Sonnenuntergang schon mal um die letzten Tropfen warmes Duschwasser gewürfelt und 30 Minuten Strom können auf einmal die Welt bedeuten. Die Unterkunft variiert vom Gästezimmer über den Heuboden bis hin zum Wohnwagen oder Zelt. Die Gastgeber und die anfallenden Arbeit werden ausführlich in den länderspezifischen WWOOF-Büchern, sowie im Mitgliederbereich auf der WWOOF-Homepage beschrieben, so dass du schon vorher weißt, was dich erwartet und wie dein Arbeitsalltag aussehen könnte. Wie zum Beispiel auf dem Hof bei Cäcilia und Alois in Österreich.
„Sie sind eine Großfamilie auf einem 38ha Hof mit ihren fünf Kindern, drei von ihnen wohnen zur Ausbildung auswärts, die Oma hilft auch noch mit. 1995 haben sie ihren Hofladen eröffnet. Dieser bietet eine sich ständig erweiternde Produktpalette von Biolebensmitteln, von Obst und Gemüse aus eigenem Anbau über Bio-Schmankerln aus dem regionalen Raum, sowie fair gehandelten Produkten. Eine große Besonderheit des Betriebes ist die Herstellung von köstlichem Vollkornbrot nach überliefertem Familienrezept. Das eigene Getreide wird unmittelbar vor dem Backen gemahlen und jeden Dienstag und Freitag mit Sauerteig und Hefe zu schmackhaften Kreationen verarbeitet. Daraus ergeben sich interessante Tätigkeiten im Hofladen, natürlich kannst Du auch in der Landwirtschaft und im Haushalt helfen.“ (Hofliste Österreich 2011)
Wie werde ich Teil der WWOOF-Familie?
Es gibt zwei Arten, ein Teil des globalen Netzwerkes zu werden, und wenn du nicht gerade einen Bio-Bauernhof besitzt, wirst du wahrscheinlich in der Rolle des freiwilligen Helfers um die Welt reisen. Hast du dich einmal für ein Land entschieden, in dem du WWOOFen möchtest, kannst du online Mitglied werden. Auf www.wwoof.net/ findest du eine Übersicht aller Länder sowie alle weiteren Informationen. Jedes Land hat dabei seine eigene Plattform. Als Mitgliedsausweis dient das WWOOF-Buch des jeweiligen Landes, in dem du alle Adressen, Kontaktdetails und eine Beschreibung der Farmen findest. Das Buch kannst du vor Ort in Touristeninformationen kaufen oder online kostenpflichtig herunterladen. Deine Wunschfarmen solltest du ein paar Wochen vor deinem geplanten Aufenthalt kontaktieren, um alle weiteren Details zur geplanten Aufenthaltsdauer zu klären.
Zum WWOOFen solltest du mindesten 18 Jahre alt sein. Außerdem solltest du vorab klären, ob du als WWOOFer in dem Land ein Arbeitsvisum benötigst. In Neuseeland brauchst du für die Farmarbeit ein Working-Holiday Visum, während du in Australien kein Arbeitsvisum fürs WWOOFing benötigst.
Egal, wo du als WWOOFer unterwegs bist, eine Auslandskrankenversicherung ist unerlässlich. Darüber hinaus solltest du dich ausführlich über die entsprechenden Impfungen für dein Zielland erkundigen.
Auch in der WWOOF Gemeinde gibt es schwarze Schafe. Naturverbundener Biohof bedeutet nicht, dass der Hund Flöhe hat und ein Misthaufen hinterm Haus vor sich hin gammelt. Falls du Beschwerden hast, wende dich umgehend an WWOOF direkt. Da der Verbund ohne Bewertungssystem auskommt, ist es umso wichtiger, sich auszutauschen.
Wer zupacken kann, ein Leben im Einklang mit der Natur kennen lernen möchte, und auch mal ein paar Tage auf sein Smartphone verzichten kann, für den ist das WWOOFen eine der besten Möglichkeiten, um Land und Leute in die Seele zu schauen.
Weitere Infos zu WWOOF auch auf www.farmarbeit.de/wwoof.